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Platin statt Gold: neuer Trend?

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Hegdefonds: gehebelt in den Markt

Hedgefonds wurden in den letzten dreißig Jahren zu wichtigen Marktteilnehmern. Ein entscheidendes Kriterium gegenüber anderen Fonds ist, dass die Hegde-Fonds „gehebelt“ arbeiten, d.h. sie nehmen Kredite auf. Das mutet im ersten Moment etwas paradox an: Wer Geld anlegen will, HAT Geld, warum sollte man dann Kredite aufnehmen?

Das lohnt sich nur, wenn der Gewinn, der durch die Aufblähung des Anlagevolumens entsteht, deutlich größer ist als die Summe der zu zahlenden Zinsen.

Ein Großteil der Hedgefonds sah Gold aus Krisenwährung und Inflationssprofiteur. Vielleicht sehen sie Gold auch immer noch, aber Hedgefonds sind auf das Momentum von Kapitalbewegungen angewiesen, schon Stillstand macht ein Asset unattraktiv – denn die Zinsen müssen immer bezahlt werden. Ein Großteil der gehebelten agierenden Marktteilnehmer verkaufte in den letzten Wochen Gold und suchte nun Anlageideen, um von einer anziehenden US-Konjunktur zu profitieren.

Die exotischste Wette auf eine bessere US-Konjunktur findet am Platinmarkt statt und berührt damit einen Sektor, für den sich Edelmetallanleger traditionell interessieren.

Jetzt Platin statt Gold?

Genau zu dem Zeitpunkt, als der Abzug von Kapital aus den Gold-ETFs begann, strömte Kapital in Platin-ETFs.

Platin ist als exklusiver Schmuck beliebt. Das silbergraue Edelmetall ist außerdem sehr hitzebeständig, es wird wegen dieser Eigenschaft in der Industrie benutzt und vor allem wird es jedoch in Kfz-Abgasanlagen als Katalysator genutzt.

Risikobereite Spekulanten gehen derzeit eine große Platin-Wette ein. Sie kaufen Platin über Platin-ETFs und wetten darauf, dass eine bessere US-Konjunktur die weltweite industrielle Nachfrage nach Platin erhöhen wird.

Platin ist derzeit knapp, die Schere zwischen Angebot und Nachfrage hat sich geöffnet. Spekulanten glauben, dass eine bessere US-Konjunktur die Platin-Knappheit erhöht und dass die Platin-Preise steigen werden.

Das vergessene Edelmetall

Platin… Da war doch was. Auch Platin ist ein klassisches Edelmetall. Ende 2009, Anfang 2010 war Platin unglaublich „en Vogue“. Der Trend kulminierte in einer Stimmung, die am besten in diesem Artikel des „Daily Telegraph“ eingefangen ist: „Is Platinum the new Gold?“

Doch seitdem ist es ruhig um Platin geworden. Bei der hitzigen Rohstoff-Rally des Jahres 2011 hatte Platin nur ein Plätzchen am Katzentisch. Während praktisch jeder Rohstoff von Baumwolle bis Silber neue All Time Highs erreichte, blieb der Platinpreis unter seinem All Time High aus dem Jahre 2008.

Doch seit einigen Wochen ist Platin wieder hipp, die Aufmerksamkeit der Spekulanten für das graue Metall erhöhte sich spürbar, es gibt Fernsehberichte über Platinknappheit bei CNBC und Bloomberg. Ein interessanter Trend für Edelmetallfreunde oder nur die nächste Sau, die durchs globale Dorf getrieben wird?

Platin-Nugget

Platin-Nugget
Bildquelle: Wikipedia

Ist Platin teuer? Ist Platin billig? Die Aktienkurse waren bis vor wenigen Wochen rekordhoch, Platin notiert auf dem Niveau von Ende 2009. Im Vergleich zu Aktien ist Platin relativ billig.

Auf den allerersten Blick ist nachvollziehbar, warum Spekulanten mit Platin auf eine Konjunkturerholung wetten möchten.

Und es gibt ein zweites Element, das die Platin-Wette aus Sicht von Hegde-Fonds und Spekulanten „sexy“ macht. Bei Platin soll es enorme Knappheit geben, d.h. Angebot und Nachfrage laufen auseinander. Da müsste eine verbesserte konjunkturelle Situation die Platinknappheit verstärken.

Stimmt das? Wie knapp ist Platin wirklich? Die Antwort auf diese Frage führt nach Südafrika.

Im Goldbereich hat Südafrika seine dominante Position verloren, doch im Platinbergbau besitzt Südafrika noch immer eine überragende Position und das wird sich vermutlich nicht ändern. Mehr als 80 Prozent der globalen Platin-Vorräte lagern unter der südafrikanischen Erde, drei Viertel des Fördervolumens kamen 2011 aus dem Land am Kap der Guten Hoffnung.

Alles was also politisch und ökonomisch in Südafrika passiert, hat Auswirkungen auf den Platinpreis.

2007 und 2008 gab es auf dem Platinmarkt schon einmal eine atemberaubende Preissteigerung, die auf südafrikanische Ursachen zurückging. Die weltweite Nachfrage nach Platin war 2007 sehr groß. In den Schwellenländern zogen die Autoverkäufe an. Doch in Südafrika kam die Platinförderung fast zum Erliegen, weil die Minen keinen elektrischen Strom erhielten.

Platin Chart Quelle: comdirect.de

Platin Chart
Quelle: comdirect.de

Die nationale Stromversorgung liegt in Südafrika in den Händen eines staatlichen Stromkonzerns. Seit in Südafrika der ANC die Macht hat, werden Posten in staatlichen Betrieben wie feudale Lehen vergeben. Missmanagement führte dazu, dass der nationale Stromkonzern in eine schiefe bilanzielle Lage geriet. Um die Geldnot des Stromkonzerns zu vertuschen, ordnete der Strom-Boss einen Kaufstopp für Kohle an. Damit kam der Konzern zwar vorerst ohne neue Kredite aus und man konnte die schlechte Liquiditätslage vertuschen, aber die Kohlelager leerten sich.

Irgendwann kam der Tag der Wahrheit und die Kohlevorräte waren aufgebraucht, es folgten Stromausfälle. Bei der Rationierung von Strom wurde die südafrikanische Bevölkerung bevorzugt behandelt, die Bergbaukonzerne wurden benachteiligt. Der Platinbergbau brach praktisch zusammen. Es kam weltweit zu Platinknappheit, die Preise schossen nach oben.

War das wirklich so? Zumindest war das die Story, die an den Märkten herumgereicht wurde, und sie war ziemlich gut. Selbst der Ford-Konzern geriet in Panik und deckte sich auf dem absoluten Höhepunkt der Spekulation bei Preisen über 2.000 Dollar/Unze mit Platin-Kaufoptionen ein, um sich vor noch weiter steigenden Preisen zu schützen.

Dann kam die Finanzkrise: Die Zinsen stiegen, Hedgefonds und Spekulanten brauchten dringend Bargeld und mussten ihre Platinwetten abwickeln, der Preis fiel vom März 2008 bis zum Dezember 2008 um rund 63 Prozent. Die Kaufoptionen, die Ford bei Preisen über 2000 Dollar/Unze erworben hatten, verfielen wertlos.

Nach dem Abebben der Übertreibung und der folgenden Untertreibung notierte Platin wieder auf dem Preisniveau von 2006, bei 1300 Dollar. Und – Ironie der Geschichte – auch derzeit notiert Platin in wieder in diesem Bereich.

Ende 2009, Anfang 2010 gab es eine neue Platinwette: Diesmal war auch ich mit von der Party.

Platinpreis seit 2008 in Dollar Quelle: comdirect.de

Platinpreis seit 2008 in Dollar
Quelle: comdirect.de

Damals lautete die neue „Platin-Story“, dass Südafrika während der Fussball-WM 2010 den Bergbaukonzernen den Strom kappen wird, um Stadien und Städte auf jeden Fall mit Strom zu versorgen. In Folge des Strommangels sollte es wieder einmal zu Platinknappheit und steigenden Preisen kommen. Ich selbst habe damals ein gutes Stück der Platin-Rally mitgemacht, bin aber im April 2010, lange vor der WM ausgestiegen.

Börsen sind in vieler Hinsicht ein Majoritätsgame. Es kommt nicht darauf an, die Wahrheit zu wissen, sondern zu ahnen, was die Majorität für die Wahrheit halten wird.

Im Falle der 2010er Platin-Wette war meine Meinung geteilt: Die „Story“ selbst war eingängig, das charttechnische Momentum eindrucksvoll, außerdem benötigte die Schwellenländerkonjunktur tatsächlich viel Platin. Ich war mir sicher, dass die Majorität der platin-affinen Akteure auf diesen Zug aufspringen würde. Ich hatte jedoch erhebliche Zweifel, ob während der WM tatsächlich in den Minen die Lichter ausgehen. Deswegen schwamm ich ein gutes Stück mit, verabschiedete mich aber sehr lange vor der WM aus dem Platinmarkt.

Außerdem wehte am März 2010 ein kühler deflationärer Wind aus Richtung Griechenland, so dass ich meine Anteile an einem Platin-ETF im April 2010 verkaufte. Zum rechten Zeitpunkt: der Platinpreis brach kurz danach um 10 Prozent ein und  blieb während der ganzen südafrikanischen WM niedrig. Von Stromabschaltungen in Platinminen hörte ich nichts mehr.

Heute notiert Platin auf dem Niveau des Herbst 2009. Ist Platin also billig? Ein Kauf?

Derzeit beschäftigen sich Spekulanten genau mit diesem Thema.

Was kostet die Förderung von Platin?

Seit 2007 sind die Jahresdurchschnittspreise von Platin in südafrikanischen Rand nicht mehr gestiegen.

Gestiegen sind jedoch 2007-2012 die Produktionskosten von Platin:

Elektrizität: 220 Prozent

Diesel: 110 Prozent

Stahl: 100 Prozent

Gehälter: 75 Prozent.

Diese Zahlen stammen nicht von irgendeinem Querulanten, der mit irgendeiner Notenbank überkreuz liegt, sondern direkt von einem südafrikanischen Minenmanager, von Derek Engelbrecht. Der Mann ist groß, sieht noch besser aus als auf dem Foto, geht nach der Arbeit in den Country Club Johannesburg, hört gerne Musik der Sixties. Er spricht sehr ruhig, hat eine tiefe Stimme, behauptet, dass er noch nie im Leben eine größere Enttäuschung erlebt hat. Revolutionäre sehen anders aus. Meine Analyse: Der Mann hat nicht vor, das System umzukrempeln. 100 Prozent Teuerung in 5 Jahren sind kein Angriff auf die Notenbanken, sondern einfach nur ein Beleg für die tatsächliche Teuerung in einem boomenden Schwellenland.

Was passiert, wenn die Verkaufspreise konstant bleiben, aber die Produktionskosten steigen? Falls es nicht gelingt, höhere Preise durchzusetzen, wird die Produktion irgendwann unattraktiv. Das ist im Bereich Platin bereits geschehen.

2012 stiegen die Kosten so stark, dass manche Minen begannen, Arbeiter zu entlassen und Minen stillzulegen.

Die Welt läuft seit 2011 sehenden Auges in eine Platin-Knappheit hinein. Die Minenproduktion sinkt, der Verbrauch steigt. Der südafrikanische Platinminenmanager Derek Engelbrecht erklärte 2012 bei einem Vortrag, dass die südafrikanische Minenproduktion „bald“ um 8-10 Prozent p.a. sinken werde.

Wenn die Lehrbücher der Betriebs- und Volkswirtschaft noch stimmen, dann müssen irgendwann die Platinpreise steigen, vor allem wenn die Konjunktur besser läuft.

Viele Spekulanten glauben an einen Quantensprung bei der US-Konjunktur und sehen im Kauf des knappen Industriemetalls Platin genau das richtige Tool, um von der Platinknappheit und der vermeintlich besseren Konjunktur zu profitieren.

Während der Abfluss aus anderen Rohstoff-ETFs derzeit fast schon panikhafte Züge annimmt, war der ETFS Physical Platinum (PPLT) mit Zuflüssen von 72 Millionen Dollar einer der wenigen Gewinner unter den Rohstoff-ETFs.

Im gleichen Zeitraum, in dem Gold-ETFs die größten Abflüsse erlebten, erlebten Platin-ETFs die größten Zuflüsse. Vielleicht stecken Hegde-Fonds, die Gold verkauften die Erlöse ja gerade in Platin-ETFs? Vielleicht.

Also eine ganz einfache Wette? Nichts wie rein ins Platin?

Doch die Platin-Wette ist riskant. Wer sagt eigentlich, dass Platin knapp ist? Alle. Und wer hat das je überprüft?

Die weltweite Förderung lag 2011 bei 6.485 Tonnen, 2.000 Tonnen wurden recycled, 8.095 Tonnen betrug die weltweite Nachfrage. Obwohl fast dreimal mehr Platin als Gold gefördert wird, gilt gemeinhin als „gesetzt“, dass Platin teurer als Gold sein müsse. Warum eigentlich?

Der nächste Punkt betrifft die Knappheit. Platin ist nicht so richtig knapp. Die geförderte Platinmenge sinkt, aber Platin ist nicht wirklich knapp. Unter der Erde gibt es im Gegensatz zu vielen anderen Metallen sehr viel Platin.

Wir müssen also unterscheiden zwischen der Platin-Fördermenge – die sinkt tatsächlich – und den unterirdischen Platinbeständen – die sind sehr groß.

Der südafrikanische Platinminenmanager Derek Engelbrecht erklärte bei einem Vortrag, dass neben den heutigen Platinminen unter der südafrikanischen Erde umfangreiche Platinbestände auf ihre Förderung warten: Das Merensky Reef, das UG2 Reef und das Platreef enthalten eine Million Kubikkilometer erstarrte Magma. Diese geologische Formation soll mehrere Milliarden Unzen Platin enthalten. Schon das würde reichen um den weltweiten Platinbedarf für Dekaden zu decken, doch in noch größerer Tiefe soll es noch mehr Platin geben, das mit Kühlung und entsprechender Infrastruktur abgebaut werden könnte.

Verglichen mit vielen anderen Rohstoffen ist Platin also nicht knapp. Man muss es nur fördern.

Und das dieser Stelle machte Minenmanager Engelbrecht eine Pause und sagte sehr langsam: „This won’t happen.“ Das wird nicht passieren.

Engelbrecht erklärte: „Das wird nicht passieren, nicht zu den heutigen Bedingungen.“

Warum nicht? Das ist ein klarer Fall: Keine Bank der Welt und kein Kapitalist der Welt hat Lust, die Förderung dieser Platinschätze zu finanzieren, denn die Verkaufserlöse würden die Förderkosten nicht decken. Außerdem ist die politische Situation zu unsicher.

Die Löhne der südafrikanischen Bergarbeiter stiegen seit 2007 um 75 Prozent, der Platinpreis blieb gleich. Warum sollte irgendjemand Milliarden in die Hand nehmen, um defizitäre Strukturen aufzubauen?

Die Löhne der Bergarbeiter sind seit 2007 jedes Jahr im Schnitt um 11,85 Prozent gestiegen, das macht nach 5 Jahren ganze 75 Prozent Plus.

Die Auseinandersetzung um die südafrikanischen Löhne hat keine Ähnlichkeit mit den zahmen Verhandlungen deutscher Gewerkschaften. Bekannt wurde 2012 ein regelrechtes Massaker, das die südafrikanische Polizei unter streikenden Platin-Bergleuten anrichtete.

Was verdient ein Platinbergarbeiter? Heute verdient ein qualifizierter Bergarbeiter in Südafrika etwa so viel wie eine deutsche Lufthansa-Stewardess nach dem Berufseinstieg (1099 Euro netto).

Die Bergarbeiter Südafrikas erkämpften sich Jahr für Jahr im Schnitt 11,85 Prozent höhere Löhne, zumindest bei Implats, das ist der Arbeitgeber von Minenmanager Engelbrecht, von dem diese Zahlen stammen.

Wie fühlen sich solche Lohnerhöhungen an? Ich beginne exemplarisch bei 1.300 Euro.

2007: 1.300 Euro

2008: 1.454 Euro

2009: 1.626 Euro

2010: 1.819 Euro

2011: 2.034 Euro

2012: 2.275 Euro

Spätestens an dieser Stelle werden Flugbegleiterinnen – und nicht nur diese – aufmerksam registrieren, dass sich die Löhne in einer boomenden Industrie in einem afrikanischen Schwellenland ganz anders entwickeln als in Deutschland.

Warum gelang es den Minenarbeitern solche Gehaltserhöhungen durchzusetzen? Das wäre ein eigenes Thema.

Nur an der weichen südafrikanischen Währung kann es nicht liegen: Ein südafrikanischer Rand kostete 2007 genau so viele Euros wie Mitte 2012.

Während also die Preise für Elektrizität, Diesel und Löhne davongaloppierten, tendierten die Platinpreise auf dem Weltmarkt seitwärts.

By the way: Mit den gleichen Problemen kämpfen die südafrikanischen Goldminen. Ein Spezialist meinte letzte Woche auf Bloomberg.com, 1400 Dollar/Unze seien für die südafrikanische Goldförderung so etwas wie eine „rote Linie“. Kurzfristig ist es egal, wo der Goldpreis notiert, langfristig müssten viele Minen bei den heutigen Preisen schließen.

Bei Gold gibt es noch Länder, die günstiger als für 1400 Dollar pro Unze produzieren – bei Platin jedoch nicht.

Falls Südafrika Deutschland wäre, dann würde sicherlich irgendeine Presse-Kampagne über „Fachkräftemangel“ inszeniert werden, um Arbeitskräfte aus Bangladesch und Pakistan in die Platinminen zu holen. Doch das ist angesichts der politischen Situation kaum zu erwarten. Nein, ich bin kein Sozi, ich versuche wirklich nur den Platinmarkt zu erklären.

Entweder wird die Welt also in Zukunft damit leben müssen, dass Platin über 2.500 Dollar kostet, dass südafrikanische Platinarbeiter ganz gut verdienen – ODER die Welt wird mit viel weniger Platin auskommen müssen.

Und genau das ist der springende Punkt. Vielleicht kommt die Welt ja mit weniger Platin aus?

Wofür wird Platin eigentlich genutzt?

Vor zwanzig Jahren war die Sache klar: Auf den Autos klebten Aufkleber dieser Art: „Mein Toyota fährt mit geregeltem 3-Wege-Kat.“ Und dieser „Kat“ enthielt Platin, das zum Bangladesch-Tarif in Südafrika gefördert wurde.

Inzwischen wurde Platin teuer, die Bergarbeiter verdienen besser, aber in den „Kats“ unserer Autos wurde Platin durch das gravierend billigere Palladium ersetzt. Das war in Europa und den USA möglich, weil auf beiden Kontinenten qualitativ sehr hochwertiges Benzin eingesetzt wird. Bei diesem Kraftstoff säubert auch Palladium die Abgase wirksam.

Und Platin?

Platin wird vor allem als Abgas-Katalysator für Autos benötigt, die in die Schwellenländer exportiert werden, wo die Benzin-Qualität schlechter ist.

Noch einmal, weil es so wichtig ist: Bei der Nutzung von hochwertigem Benzin kann Platin durch Palladium ersetzt werden.

Ein Platin/Palladium-Spezialist von Umicore erläuterte das einmal bei einem Vortrag. Derzeit sehen wir also das Paradoxon, dass das TEURE Platin in Autos verbaut wird, die in Schwellenländern verkauft werden während das billigere Palladium in Autos verbaut wird, die in Europa, Amerika und Japan unterwegs sind.

Verallgemeinert könnte man also sagen, dass Platin heute eine Wette auf die Auto-Konjunktur der Schwellenländer ist.

Kommen wir zurück zur neuen Platin-Wette an den Märkten. Merken sie schon den Fehler der aktuellen Platin-Wette? Die Spekulanten glauben an einen Aufschwung in den USA und setzten auf ein Metall, das von einem Aufschwung in den Schwellenländern profitiert. Das ist zwei Mal über die Bande gespielt. Eine richtig gute Spekulationsidee sieht anders aus.

Damit die neue Platinwette aufgeht, müsste der Aufschwung in den USA so gewaltig sein, dass er den beginnenden Abschwung in den Schwellenländern überkompensiert und in den Schwellenländern die Nachfrage nach Autos erhöht. Daran darf gezweifelt werden.

Und wie sieht es mit der Knappheit von Platin aus? Falls nur die Hälfte aller Schwellenländer die Benzinqualität verbessert, könnten vielleicht 1.000 Tonnen Platin pro Jahr durch Palladium ersetzt werden.

Und falls der Aufschwung in den USA doch nicht stark genug ist, um eine Konjunktur in den Schwellenländern auszulösen? Dann hätten wir das folgende Szenario:

Der Klassiker unter den physischen Platin-Anlagen: die 1-Noble-Münze der Isle of Man

Der Klassiker unter den physischen Platin-Anlagen: die 1-Noble-Münze der Isle of Man

Die Platinproduktion würde um 8-10 Prozent p.a. sinken, die Nachfrage würde jedoch um 6-20 Prozent pro Jahr sinken. Und wie soll man da eine seriöse Preisprognose erstellen?

Verglichen mit anderen Spekulationsideen ist eine Beteiligung an der aktuellen Platin-Wette unattraktiv.

Warum ist Platin dennoch so „sexy“? Beim Stichwort „Platin“ klingelt es bei allen Menschen, die irgendwo in der Geldbörse eine Amex-Platin-Card zu stecken haben oder ein Auto mit „Platinum“-Ausstattung fahren. Platin ist Oberklasse, das ist im Kopf verankert. Mit Platin zu spekulieren hat mehr chic als eine Wette auf steigende Preise von Schweinehälften und Nickel. Platin  hat zudem im Sachwerte-Boom der 80er Jahre eine respektable Spur hinterlassen. Auch der Platin-Spike Anfang 2008 dürfte bei allen damals erfolgreichen Spekulanten die Lust auf mehr hinterlassen haben.

Spekulationsgenie Marc Faber empfahl 2009, in Edelmetalle zu gehen und zählte ganz selbstverständlich neben Silber und Gold auch Platin auf. Warum, hat er nicht erklärt. Vielleicht, weil Platin einfach zum „Club“ dazugehört?

Doch wird Platin seine besondere Rolle aus der Vergangenheit auch in der Zukunft erhalten können?

Sparer, die Interesse an der Lagerung von Metallen über 20, 30 oder 40 Jahre haben, sollten sich auf strategische Rohstoffe fixieren, die zukünftig noch knapper als Platin werden. Die Europäische Union hat vor einigen Jahren eine Liste mit strategischen Rohstoffen veröffentlich, die in den kommenden Jahrzehnten extrem knapp werden. Auf dieser Liste finden sich exotische Elemente wie Germanium, aber auch Silber.

Was für physisches Platin spricht, ist seine hohe Wertdichte, was gegen Silber spricht, ist seine niedrige Wertdichte. Aber da kann sich ja noch etwas ändern.

Platin ist – anders als Gold oder auch Silber – ein reinrassiges Industriemetall, das kaum politischen Interventionen ausgesetzt sein dürfte. Das ist gut so. Auch ich setze nicht nur auf Gold, sondern ich lege Wert auf langlebige Nutzwerte, die nicht politischen Interventionen ausgesetzt sind, z.B. eine hochwertige zeitlose Daunen-Winterjacke. Zapperlot, da habe ich vermutlich glatt die US-Konjunktur gepusht, als ich im letzten Winter in diesem Marktbericht Daunenjacken der US-Firma „Marmot“ als strategisches Investment empfahl. „Marmot“ macht Bergsteiger-Kleidung und wurde in den 70ern von zwei ehemaligen Studenten der „University of California“ gegründet, die die Firma noch heute besitzen. Echte Entrepreneure, die an ihre Produkte glauben, so etwas mag ich.

Und damit sind wir bei der US-Konjunktur. Offizielle Statistiken der Fed  belegen, dass der Anteil der Selbständigen in Amerika seit Dekaden sinkt. Freies Unternehmertum ist der genetische Code Amerikas und er ist offenbar beschädigt. Es muss in den USA irgendetwas geben, das Menschen zunehmend davon abhält, unternehmerisch zu agieren. Dass Studenten Weltprodukte erfinden und Weltmarken erschaffen, ist heute noch möglich, aber nicht mehr die Regel.

Und die US-Konjunktur? Falls es den ganz großen US-Konjunkturaufschwung tatsächlich geben sollte, dann wird die seit 2009 verdreifachte Dollarmenge zu zirkulieren beginnen, dass es eine wahre Freude ist. Nicht die pure Geldmenge wirkt nämlich preistreibend, sondern die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes.

Dann werden – wie in Südafrika – Preise und Gehälter steigen, sagen wir einmal um 11,85 Prozent pro Jahr. Und das wird sich trotz aller Tricks auch in den offiziellen „Kerninflationsraten ohne Energie und Lebensmittel“ niederschlagen. Wie können sie sich schützen? Sie müssen einen Weg finden, ihre Einkünfte um 11,85 Prozent p.a. zu steigern und Ersparnisse in etwas umwandeln, was in 10-20 Jahren gefragt ist.

Noch einmal zu Platin:

Wer sich auf diesen Markt traut, müsste vier sehr schwierige Fragen beantworten.

Wie groß ist das Potential, dass Platin bei steigenden Preisen durch Palladium ersetzt werden kann?

Ist eine Änderung der Benzinqualität in Schwellenländern denkbar?

Wie stark sinkt die Platinnachfrage bei einer starken wirtschaftlichen Abkühlung?

Tja, es ist eine Krux: Eine gute Spekulations- oder Anlageidee ist immer mit Arbeit verbunden. Geld verdienen mit schnellen Tipps? Das gibt es leider nicht.

Und dann gibt es noch eine wirklich wichtige Frage: 2009-2011 gab es eine Rohstoffhausse, aber Platin schien auf der Bremse zu stehen.

Wer es mit Platin ernst meint, sollte auf dieses Phänomen eine Antwort finden.

Ich hatte eine Idee, nachdem ich in Gedanken die Seite gewechselt habe. Spekulanten möchten gerne Platin für 1.300 Dollar kaufen und in drei Monaten für 1.600 Dollar/Unze verkaufen, natürlich gehebelt, natürlich an die Autoindustrie. Und was möchte die „Gegenseite“, die Industrie? Versetzen sie sich in die Rolle eines Einkäufers bei Ford oder Mercedes.

Autokonzerne möchten einfach nur Platin in Katalysatoren verbauen. Die Einkaufsmanager der Auto-Konzerne erinnern sich vermutlich äußerst ungerne an 2007/2008 zurück, als sich die Platinpreise in einem Jahr verdoppelten und sie bei Goldman Sachs & Co. teure Optionsscheine kaufen mussten. Könnte es nicht sein, dass Autokonzerne seitdem mit strategischen Platin-Vorräten arbeiten?

Bei sinkenden Preisen werden die Vorräte aufgefüllt, bei steigenden Preisen abgebaut.

Ich kenne ein Unternehmen aus einer ganz anderen Branche, das 2008 eine Lagerhalle anmietete und seit dieser Zeit seinen wichtigsten Rohstoff auf Vorrat kauft. Warum also nicht bei Platin?

In den letzten Jahren gab es mehrfach ein weltweites Platin-Überangebot: 2009 lag die Weltförderung 635 Tonnen über der Nachfrage, 2011 lag sie 450 Tonnen über der Nachfrage. Doch dieses Platin wurde ja nicht im Atlantik verkippt, sondern irgendwo gelagert. 2011 war bereits absehbar, dass Südafrikas Produktion irgendwann sinkt.

Könnte es nicht sein, dass Autokonzerne das Überangebot aufsaugten und nun abbauen? Horten von strategischen Rohstoffen – warum nicht? In den 70er betrieben deutsche Konzerne sogar Minen in Afrika, um sich den Rohstoffnachschub zu sichern.

Strategische Platin-Vorräte bei wichtigen Verbrauchern: Das würde erklären, warum Platin an der Rohstoffrally Ende 2010/Anfang 2011 nicht teilnahm. Bei höheren Preisen griffen die Autokonzerne auf strategische Vorräte zurück, bei niedrigen kaufen sie wieder nach.

Das könnte das Ende der ganz großen Volatilität sein – und gehebelte Marktteilnehmer brauchen Volatilität.

Bleibt Platin trotzdem für langfristig orientierte Edelmetallanleger interessant?

Das stärkste Argument für Platin bleibt nach wie vor, dass es das einzige liquide und  wertdichte Anlagemetall ist, das keinerlei politischer Einflussnahme unterliegt. Dieses Anlagemetall wegen dieser einen Eigenschaft zu besitzen, ist in meinen Augen eine Art Luxus. Großanleger kaufen sich damit bestimmte zukünftige Handlungsoptionen. Für Kleinanleger sehe ich aber in diesem Bereich zu viele bessere Alternativen als Platin.

Welche? Sehen Sie sich einfach einmal vor, was vermutlich Autokonzerne im Platinbereich machen: Sie legen strategische Vorräte an, wenn die Preise günstig sind. Sie kaufen etwas, von dem sie genau wissen, dass sie es zukünftig brauchen. Das ist ein professionelles, aber ungewohntes Verhalten. Welche Dinge werden Sie in der Zukunft brauchen? Für viele Menschen ist das absehbar. Aber Vorsicht, das darf kein Freibrief für einen Kaufrausch sein. Es geht um Dinge, die man wirklich braucht, nicht um eine neue Küche oder einen Fernseher. Es geht um Dinge, bei denen unsere Urgroßväter gesagt hätten, dass sie „Gold wert sind“.

Die Londoner Edelmetallbörse LBMA stellte am Freitagnachmittag einen Goldpreis von 1212,75 Dollar bzw. 944,80 Euro fest.

Quellen der Woche

 

B. Meyer

Der Autor dieses Artikels ist unter meyersgoldwoche@t-online.de erreichbar.

Der Autor ist ein langjähriger erfolgreicher Privatinvestor mit antizyklischer Anlagestrategie und fundamentalanalytischem Ansatz. © 2013 B. Meyer. Reproduktion und Publikation nur mit Zustimmung des Autors oder des Gold-Super-Markts, Zitate unter Verwendung der Quellenangabe.

Hinweis: Meinungen oder Empfehlungen dieses Artikels geben die Einschätzung des Verfassers wieder und stellen nicht die Meinung der Firma TG Gold Supermarkt und/oder Ex Oriente Lux AG dar. Sie können sich jederzeit ohne vorherige Ankündigung ändern. Die hier enthaltenen Aussagen sind nicht als Angebot oder Empfehlung bestimmter Anlagen oder Anlageprodukte zu verstehen. Dies gilt auch dann, wenn einzelne Devisen, Rohstoffe, Emittenten oder Wertpapiere direkt erwähnt werden. Der Autor dieses Artikels ist kein Finanzberater. Die in diesem Artikel enthaltenen Informationen sind allgemeiner Natur können eine auf die individuellen Verhältnisse des Anlegers abgestimmte Finanzberatung nicht ersetzen. Die in diesem Artikel genannten Informationen wurden nach bestem Wissen und Gewissen gesammelt und zitiert. Jegliche Haftung für die Richtigkeit der genannten Informationen ist ausgeschlossen.

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